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Martin Schulz und die Vereinigten Staaten von Europa

Max Waechter, United States of Europe, zuerst 1909
Datum: 12 Dez. 2017
Von: Wolfgang Schmale
Tags: Martin Schulz, Vereinigte Staaten von Europa
Kommentare: Comments are off

[1] Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat am 7.12.2017 auf dem letzten SPD-Parteitag die Idee von „Vereinigten Staaten von Europa“ wiederbelebt und sich als europäischen Föderalisten geoutet.

[2] Das Motiv, die europäische Einigung nach Jahren der Krise voranzubringen, ist beim ehemaligen Präsidenten des EU-Parlamentes unbezweifelbar, aber es hängt mit weiteren durchaus tagespolitischen Motiven zusammen: Das Feld des europäischen Idealismus nicht allein dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron überlassen; die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Defensive zu drängen, da die SPD zu glauben scheint, dass sie erst dann wieder auf oder über 25% kommt, wenn die Kanzlerin nicht mehr Kanzlerin ist.

[3] Die Idee „Vereinigte Staaten von (X oder Y)“ entstammt dem 18. Jahrhundert. Sie wurde erstmals als „Vereinigte Staaten von Amerika“ verwirklicht, in Europa gab es Formulierungen ähnlicher Art wie „Bund einiger Staaten“.

[4] In Europa  wurde die Idee Vereinigter Staaten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zu den Revolutionen von 1848 immer wieder genannt. Mit der neuen Pazifismusbewegung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich das, denn diese machte sich die „Vereinigten Staaten von Europa“ als Mittel der Wahl für ein von Frieden bestimmtes Europa der brüderlichen Nationen zu eigen.

[5] Rund ein Jahrhundert lang wurde diese Idee hochgehalten, wobei sie Konkurrenz durch die Idee eines föderalen Weltstaats bekam. Prominentester Verfechter der Idee der Vereinigten Staaten von Europa war nach dem Zweiten Weltkrieg Winston Churchill, der sich allerdings mit dem Europarat am Ziel sah. Er dachte niemals an einen europäischen Bundesstaat.

[6] Die wirklichen Europa-Föderalisten waren vom neuen Europarat enttäuscht, während die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die am 23. Juli 1952 ihre Tätigkeit aufnahm und vertragsgemäß 50 Jahre später endete (und in der EU aufging) einen neuen, anderen Weg zu Frieden und Einheit wies, der dem Konzept der europäischen Integration folgte.

[7] Das Konzept der Integration ist komplex und lässt sich nicht auf die supranationalen Elemente reduzieren. Letztlich ist es ein Konzept der umfassenden kulturellen Europäisierung der Mitglieder.

[8] Will Martin Schulz also eine Idee des 19. Jahrhunderts an die Stelle der modernen Idee der Integration setzen? Läuft man nicht Gefahr, ein historisch überholtes Modell von Staat wieder zu kräftigen, um zu den Vereinigten Staaten von Europa zu gelangen?

[9] Nachtrag Mai 2019: Martin Schulz steht schon länger nicht mehr allein mit der Forderung nach VSE: In Österreich haben sich die NEOS diese Forderungen recht offensiv auf die Fahnen geschrieben. Im Detail erweist sich, dass dahinter weniger eine radikale Forderung steht als die Bereitschaft, die Möglichkeiten an mehr Europa, die die EU durchaus vorsieht, auch stark zu nutzen. [https://www.neos.eu/programm/vereinigte-staaten-von-europa]

Zum Thema „Vereinigte Staaten von Europa“: Im Sommer 2019 ist erschienen: Wolfgang Schmale: For a „Democratic United States of Europe“ (1918-1951). Freemasons – Human Rights Leagues – Winston Churchill – Individual Citizens. Franz Steiner Verlag, Stuttgart, 2019.

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