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Datenschutz und Informationsfreiheit in europäischer Sicht – 8. Auflage des bewährten Handbuchs

Datum: 02 Dez. 2024
Von: Wolfgang Schmale
Tags: Datenschutz, Datenschutzrecht, Demokratie, DSGV, Informationsfreiheit, Menschenrechte; EU-Datenstrategie
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Vor kurzem erschien die 8. Auflage des bewährten Datenschutzhandbuchs von Marie-Theres Tinnefeld, Benedikt Buchner, Thomas Petri und Marit Hansen.

[1] Der Haupt-Titel „Einführung in das Datenschutzrecht“ hört sich fachjuristisch an und freilich wendet sich das Handbuch zuerst einmal an Studierende und Praktiker*innen, aber angesichts der essentiellen Bedeutung von Datenschutz für jeden Einzelnen gehört es eigentlich in jeden Haushalt. Das kann auch funktionieren, da das Buch relativ allgemeinverständlich geschrieben und klar nach Betreff gegliedert ist. Jede/r kann schnell herausfinden, inwieweit sie oder er betroffen und welche Rechtslage gegeben ist.

[2] Die umfassende individuelle Betroffenheit wird eindrucksvoll und umfassend im ersten, über 90 Seiten umfassenden Kapitel von Marie-Theres Tinnefeld (Kap. 1.8 von Thomas Petri) vor Augen geführt, das neben vielen anderen Aspekten eine kulturgeschichtliche Einordnung der Möglichkeiten und Folgen von Datenerhebung, Datenverarbeitung, Datengebrauch und Datenmissbrauch vornimmt. Dieses Kapitel wurde gegenüber den früheren Auflagen stark umgearbeitet und ist insgesamt kürzer geworden. Der Zusammenhang zwischen den Freiheiten, die der Demokratie zugrunde liegen, und dem Datenschutz wird sehr gut deutlich. Datenschutz stellt eine tragende Säule der heutigen Demokratie dar.

[3] Vorgeschaltet ist ein Prolog (Tinnefeld), in dem folgende Aspekte dargelegt werden: Bilder vom Menschen, neue Technologien und Menschenrechte; Freiheit, Big Data und Künstliche Intelligenz; Verankerte Grund- und Menschenrechte. Die neuen Entwicklungen bergen zweifellos große Chancen für die Verbesserung der Lebensqualität in vielen Bereichen, zugleich eröffnen sie zahlreiche Optionen für den Missbrauch. Deutlich erkennbar ist die Gefahr, dass der Mensch mittels umfassender Datenerhebung vom autonomen, in Freiheit selbstbestimmten Subjekt zum Objekt wird, das vorwiegend in Gestalt von Daten existiert.

[4] Datenschutz und Informationsfreiheit sind Bestandteil der Menschenrechte, ohne sie ist im 21. Jahrhundert kein menschenwürdiges Leben möglich. Die EU hat inzwischen die Datenschutzgrundverordnung und viele weitere Gesetze (s. Kap. 1.8) verabschiedet, die neben anderen internationalen und rechtlich verbindlichen bzw. als Leitlinie gedachten Dokumenten eine zentrale in dem Buch einnimmt. Damit ist auch der Untertitel erklärt: „Datenschutz und Informationsfreiheit in europäischer Sicht.“

[5] Datenschutz schützt in erster Linie die Daten, die über den Einzelnen entstehen bzw. erhoben werden, er setzt dem Datensammeln und der Speicherung Grenzen, er regelt die Ansprüche an Datensicherheit, er regelt die Verwendbarkeit der Daten. Der Status als Menschenrecht wie auch die Gewährleistung der Informationsfreiheit des Einzelnen, die sich nicht nur auf die eigenen Daten, sondern auch auf die öffentlicher und anderer Stellen bezieht, wie auch die Schutzbedürftigkeit von Daten aus den verschiedensten Gründen sind stets abzuwägen. Legitimes Interesse der Allgemeinheit (z. B. Terrorbekämpfung) wie legitimes Interesse des Einzelnen (Schutz der Privat- und Intimsphäre) können leicht in Konflikt geraten.

[6] Das Kapitel 1 macht deutlich, dass es eines ständigen Abwägungsprozesses durch den Gesetzgeber und durch die Gerichte bedarf, dessen Entwicklung im Verlauf der Jahrzehnte zugleich dokumentiert und interpretiert werden muss, um Gefahren für den Erhalt des Menschenrechts auf Datenschutz und -sicherheit rechtzeitig erkennen zu können. Das eigentliche Dilemma liegt freilich darin, dass sich Politik immer wieder verführen lässt, ein Sicherheitsversprechen zu geben, das auf der breiten Anwendung von Instrumenten wie der Vorratsdatenspeicherung und umfassenden Videoüberwachung beruht, in Wirklichkeit aber nicht gehalten werden kann, weil das tatsächliche Verhalten konkreter Gefährder eben nicht errechnet oder aufgrund von erhobenen Daten vorhergesagt werden kann. Sicherheit, für die die Freiheit aufgegeben oder nachhaltig eingeschränkt wird, ist keine Sicherheit.

[7] Grundsätzlich bestehen mittlerweile umfassende rechtliche Regelungen, die Daten schützen, wie Kapitel 2 (Grundsätze des Datenschutzrechts; Benedikt Buchner) sehr übersichtlich zeigt. Da heute fast jede/r, im Grunde auch als Privatperson, Daten erhebt, nicht nur über sich selbst, lohnt sich jeder Blick in dieses Kapitel, um zu lernen, worauf beim Datenschutz zu achten ist.

[8] Zweifellos liegt der Fokus auf der „Datenverarbeitung im öffentlichen Interesse“ (Kapitel 3, Thomas Petri), weil es dabei immer auch um die Ausübung des Gewaltmonopols des Staates geht, die in Missbrauch abgleiten kann, aber der „nicht-öffentliche Bereich“ (Kapitel 4, Benedikt Buchner) ist ja nicht weniger umfassend. Die meisten Daten geben Menschen im nicht-öffentlichen Bereich von sich ab, vorwiegend, um scheinbar kostenlose Dienste – die eigenen Daten sind Währung und Preis – zu nutzen.

[9] Hier hat sich eine Ökonomie entwickelt, die nur funktioniert, weil man bereit ist, sich durch die Preisgabe von personenbezogenen Daten in ein digitales Objekt zu transformieren. Inzwischen kann man sich durch entsprechende Browsereinstellungen etc. besser schützen, teilweise führt dies aber zu Einschränkungen bei der Suche nach Informationen oder bei der Teilhabe an Netzwerken. Wer sich schützen will, wird ggf. abgestraft.

[10] In Kapitel 5 (Technische und organisatorische Maßnahmen – Datenschutz und Informationsfreiheit) befasst sich Marit Hansen mit allen Aspekten der IT-Sicherheit und führt den in den anderen Kapitel ebenfalls entwickelten Gedanken des Datenschutzes durch Technik weiter. Apps beispielsweise hat inzwischen jede/r, aber auch das Internet der Dinge oder Fahrerassistenzsysteme – das betrifft beinahe schon jede/n. Wer hat nicht schon einmal seine Kreditkartendaten beim Einkauf im Internet mitgeteilt? Das Kapitel informiert sowohl über die technischen Schutzmöglichkeiten wie auch über die technischen Möglichkeiten des Missbrauchs wie hacken oder cracken.

[11] Damit ist auf das Eingangsstatement zurückzukommen: Dieses Buch macht in jedem Haushalt Sinn. Die Darstellung wird durch eine Vielzahl praktischer Beispiele ergänzt, die zeigen, was der lebensnahe Hintergrund einer Rechtsnorm ist bzw. wie sich diese in der Praxis auswirkt. Themen, die in der letzten Zeit wie KI (Künstliche Intelligenz) in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses geraten sind, werden ausführlich behandelt. Grundbegriffe wie  Was ist ein Algorithmus? usw. werden geklärt.

Weitere Literatur:

Wolfgang Schmale: Das Digitalzeitalter. Historisch-kritische Orientierung. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2024

Über den Autor
Wolfgang Schmale ist Historiker und wissenschaftlicher Publizist. Ein Schwerpunkt ist die Europaforschung.
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