In Frankreich hat Emmanuel Macron am 7. Mai 2017 die Präsidentschaftsstichwahl in aller Deutlichkeit gewonnen (Hochrechnung 21h: 65,8%; End-Ergebnis 66,1%).
Die Verliererin, Marine Le Pen, hat wenige Minuten nach Veröffentlichung der ersten Hochrechnung vor ihren AnhängerInnen ein Statement abgegeben und mit Blick auf die Parlamentswahlen im Juni einen Umbau und eine Umbenennung ihrer Partei angekündigt. Vermutlich wird „Patriotisch“ im künftigen Parteinamen vorkommen. Ist dies die Konsequenz aus der Fernsehdebatte, in der sie den Front National ihres Vaters durch die traditionelle Hassrhetorik der Partei wieder aufleben ließ? Dies hat ihr nicht genutzt, sondern geschadet, der FN muss also künftig hinter einem anderen Namen versteckt werden – so sieht es wohl aus. Marine Le Pen hofft zugleich, ihr größer gewordenes WählerInnenpotenzial dauerhaft an sich zu binden.
Wieviel ist nun mit der Wahl von Macron gewonnen? Zunächst einmal etwas sehr Wichtiges: Macron hat ebenso wie van der Bellen in Österreich einen dezidiert pro-europäischen Wahlkampf geführt – und gewonnen! Dies ist außerhalb Frankreichs genauso wichtig wie in Frankreich selber.
Bei mehreren Wahlen in Folge (Österreich, Niederlande, Frankreich) haben die WählerInnen deutlich gemacht, dass sie keine europäischen Trumps wollen. Und es ist ziemlich sicher, dass das Brexit-Votum im Vereingten Königreich zu einer intensiveren Befassung mit der EU geführt hat, dass wieder klarer empfunden wird, wofür bei allem Reformbedarf die EU positiv steht.
Hoffentlich wird der Schwung im Europäischen Rat genutzt! Soweit es an Macron liegt, hat er bewiesen, dass er ein Schwungrad – seine Bewegung En marche! – aus dem Nullstand so energievoll drehen kann, dass etwas Neues herauskommt.
Macron hat außerdem bewiesen, dass man eine Alternative zu in Stellungskämpfen festgefahrenen Parteiblöcken aufbauen kann, ohne (Rechts-)Populist zu sein. Das ist eine beruhigende Erkenntnis.
Was nun bedeutet die Wahl für Frankreich? Die Antwort wird erst nach den Parlamentswahlen gegeben werden können. Wenn es gelingt, aus der Bewegung En marche! heraus eine Parlamentsmehrheit zu bilden, die den Strippenzieherspielen der Les Républicains und der Sozialisten nicht mehr verpflichtet ist, wird es vielleicht gelingen, eine Reihe von Blockaden in der französischen Politik aufzubrechen.
Das wird nötig sein, denn 11,47 % der WählerInnen, die ihre Stimme abgegeben haben, haben „blanc“ oder „nul“ gewählt. Mit beiden Methoden wird zum Ausdruck gebracht, dass man weder Macron noch Le Pen für passend hält, und die Wahlbeteiligung war mit rund 74,5% vergleichsweise niedrig. Im Wahlergebnis steckt viel von Vernunftwahl wie schon 2002, als es darum ging, Jean-Marie Le Pen zu verhindern. Viele, die unter anderen Umständen niemals Jacques Chirac gewählt hätten, haben ihm ihre Stimme gegeben. Macron muss also in vieler Hinsicht erst noch überzeugen, denn bei den Parlamentswahlen gilt eine andere Wahllogik. IPSOS hat bereits (Abden des 7.5.2017) herausgefunden, dass 61% der dazu Befragten nicht der Meinung sind, dass Macron eine absolute Mehrheit in der Nationversammlung erhalten solle.
21h, erstes Statement von Emmanuel Macron: Der Würde des Amtes entsprechend, Offenheit für Alle, auch die ihn nicht gewählt haben. Ein Macron, der an Frankreich glaubt, der an Europa glaubt.