[1] In Wien wurde im Stadtteil Spittelau in den 1970er-Jahren ein moderner, mehrere hundert Meter langer Gebäudekomplex errichtet. Nach Osten, zur Stadtmitte hin befindet sich der Eingang des Franz-Josef-Bahnhofs, im Westen wurde (über den Gleisanlagen) die Wirtschaftsuniversität Wien untergebracht. Der Haupteingang befindet sich an der Seite der Augasse. In direkter Nachbarschaft des Komplexes aus den 1970er-Jahren steht die berühmte Wiener Müllverbrennungsanlage, die von Friedensreich Hundertwasser künstlerisch gestaltet wurde.
[2] Im Foyer der ehemaligen Wirtschaftsuniversität (Eingang Augasse) wurde ein Auftragswerk des österreichischen Künstlers Maître Leherb angebracht: Es besteht aus sechs acht mal acht Metern großen Gemälden in Majolika-Technik, die der Künstler in der historischen Hauptstadt der Fayence- und Majolikaherstellung, dem italienischen Faenza, zwischen 1980 und 1992 schuf [zur Datierung der Bilder s. unten Abs. 11]. Leherb bezeichnet die Darstellungen als „imaginäre Porträts“ der Kontinente. Porträtiert hat er sechs Kontinente: Australien, Asien, Europa, Amerika, Afrika, Arktis/Antarktis. Damit wurde in gewissem Sinn die Tradition des Gebäudes der früheren Welthandelsschule im 19. Bezirk am Währinger Park fortgesetzt, wo ebenfalls die Erdteile gezeigt wurden.
[3] Leherb hat sich zu diesem Werk selber geäußert, er hebt dabei die künstlerische und technische Herausforderung hervor, die seine vorbildlose Vorgehensweise darstellte. Von 1987 bis ca. 1989 musste er pausieren, da er seinen Körper unter anderem mit Mangan und Kobalt – Bestandteilen der Farben, die er benutzte – unwillentlich vergiftet hatte. Letztlich scheint er 1997 an diesen Vergiftungen gestorben zu sein. Zu den Inhalten schreibt er wenig, was zum genaueren Verständnis beitragen könnte, zu sehr ist er darauf bedacht, sein kühnes technisches Wagnis kunsthistorisch an den richtigen Platz zu setzen.
[4] Es gibt kurze Beschreibungstexte, die vermutlich von ihm selber stammen, aber einen ganz sicheren Beleg konnte ich nicht finden.[1]
[5] Der Besucher, der von der Augasse durch den Haupteingang in das Foyer (=Aula) tritt, sieht die Bilder nicht sofort. Zunächst muss man richtig in das Foyer treten, um zu bemerken, dass es diese Kunstwerke gibt. Man schaut aber nicht direkt darauf, sondern muss zu jedem Bild hingehen und sich nach links oder rechts drehen, um sie sehen zu können. Man kann auch in den ersten Stock steigen und von den Verbindungsgängen aus die Bilder anschauen. Kurz: Der Besucher muss sich bemühen!
[6] Nach dem Umzug der Wirtschaftsuniversität auf den neuen Campus wurde die Wiener Akademie der Bildenden Künste in diesem Komplex untergebracht, da deren Gebäude im Stadtzentrum am Schillerplatz bis 2021 gründlich renoviert wurde. Schon 2013 haben Christian Kravagna und Carola Dertnig im Rahmen des Masters „Critical Studies“ ein Seminar angeboten, in dem unter anderem diese Kunstwerke kritisch untersucht wurden.[2] Im Januar 2018 erfolgten weitere kritische Aktionen, bei denen auch die vermutete europazentrische Perspektive des Künstlers zur Debatte stand. Es wurden Zitate von Rabindranath Tagore (1918), Roxanne Dunbar-Ortiz (2015), Frank B. Wilderson III (2010), Toni Morrison (1992), Gloria E. Anzaldúa (1987), Edward W. Said (1978), Audre Lorde (1981) und Frantz Fanon (1961) an den Wänden hinzugefügt.[3] Nicht zuletzt sollte damit dokumentiert werden, dass es zu der Zeit, in der Leherb die Majoliken schuf, längst kritische Sichtweisen auf den Kolonialismus und den historischen Europazentrismus gab. Es wurde kritisiert, dass sich der Künstler damit gar nicht auseinandergesetzt habe.[4]
[7] Über den Auftrag und die Auftragsvergabe sowie über die ideologischen Grundlagen, die für den Künstler maßgeblich waren, ist wenig bekannt. Die Akademie der Bildenden Künste hatte versucht, Unterlagen zu finden, konnte aber nur feststellen, dass es wenig gibt.
[8] Christian Kravagna, Professor für Postcolonial Studies an der Akademie der Bildenden Künste, ordnete in einem Gespräch 2018 Leherb zusammen mit Friedensreich Hundertwasser und Ernst Fuchs der Wiener Schule des „phantastischen Realismus“ zu, in der er die „damals …geförderte Lieblingskunst der Sozialdemokraten“ erkannte.[5]
[9] Im Folgenden geht es nicht um die handwerkliche, die künstlerische und ästhetische Qualität der Werke. Diese sind unbestritten. Zugleich musste der Künstler dem Raum Rechnung tragen, in dem die sechs Bilder angebracht werden sollten: Eine langgestreckte, im Grunde niedrige Halle, unterbrochen von zwei Versorgungstürmen im Innern und mehreren Querstegen auf halber Hallenhöhe im ersten Stock, von denen aus die Bilder ebenfalls betrachtet werden können. Die Eingangshalle, auch Aula genannt, der ehemaligen Wirtschaftsuniversität ist funktional, sie wird durch Beton und Versorgungstechnik charakterisiert, sie ist im Wesentlichen unpersönlich und entbehrt wie die meisten dieser Bauten jeglichen Charmes. Es handelt sich um eine Durchgangshalle, in der der Weg von den Eingängen zu den Hörsälen führt und wieder hinaus.
[11] Leherb’s Kontinentbilder sind wie folgt datiert: Europa 1981/1982; Asien 1981/1982; Amerika 1982/1983; Arktis/Antarktis 1985; Afrika 1992; Australien 1990-1992. Zu jedem Bild gibt es eine Kurzinterpretation, die die wichtigsten Elemente erläutert. Der Künstler erklärt seine allgemeine Idee für die sechs Bilder folgendermaßen [6]:
[12] „Nach einer intensiven analytischen Bestandsaufnahme der mittelbar mentalen und optischen Erscheinungsmuster der Kontinente habe ich mittels surrealistischer Verfremdungen und irrationaler Assoziativbilder „Imaginäre Porträts“ der Erdteile Asien, Europa, Amerika und Afrika geschaffen: In mehrjähriger Arbeit auf mehr als 2000 Keramikplatten unter Anwendung der spröden und schwierigen Technik der Fayence-Majolika in der alten italienischen Keramikstadt Faenza. Den Dimensionen nach sind die Universitäts-Tafelbilder die grössten Fayencemalereien dieses Jahrhunderts.“
[13] Warum Leherb nur die vier ‚alten‘ Erdteile erwähnt, aber nicht Arktis/Antarktis und Australien, die er ja auch geschaffen hat, ist unklar.
[15] „Surrealistische Verfremdungen“ entsprechen dem Stil des Malers, während die Charakterisierung als „irrationale Assoziativbilder“ in Wirklichkeit nicht zutrifft. Die einzelnen Bildelemente folgen sehr wohl einer Ratio. Leherb ist sehr viel weniger Surrealist, als er uns glauben machen möchte.
[16] Für Europa hat Leherb die Figur des biblischen David gewählt, wie sie von Michelangelo zu Beginn des 16. Jahrhunderts für Florenz geschaffen worden ist. Der David gehört zweifellos zu den berühmtesten Skulpturen der Welt und ist als „Kürzel“ für Europa geeignet. Die Frage, warum Leherb David gewählt hat, wird wie folgt beantwortet [7]:
[17] „Michelangelos David ist nicht nur eines der Meisterwerke der europäischen Kultur, sondern Gleichnis der jahrhundertelangen, dynamischen Überlegenheit der „Alten Welt“: Europa, dessen Völkervielfalt, geistige Potenz und Geschichte die anderen Erdteile dieser Welt in Größe und Ausdehnung wie Goliath beeinflusst, geprägt und beherrscht hat. Dieser David entsteigt dem Mittelmeer nach Maß altgriechischer Menschenvorstellung, um sich zum blaustrahlenden Helden zu wandeln, der konfrontiert wird mit der vielleicht wichtigsten geistespolitischen Erkenntnis Europas, einer Erkenntnis, in der Jahrhunderte humanistischer Tradition, revolutionären Ausdruck finden: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. In Berührung mit dieser Aussage wird der schimmernde Marmor des Helden zu durchblutetem Fleisch, wird David menschlich, fliegen weiße Tauben – assoziativ für Frieden, Freiheit und Glauben: Die Kugel für „Vollendung“ und zwischen den aufgeklappten Ellipsen „Zeit und Raum“ die Erkenntnis der Relativität. Leherb lässt im Porträt Europas seine unverkennbaren Blauschattierungen wirken.“
[18] Vordergründig folgt Leherb dem Zivilisationskonzept des 18. Jahrhunderts und schließt sich der unbegrenzten Selbstüberschätzung Europas an. Die Geschichte Europas wird ausschließlich positiv gesehen, die Gewaltgeschichte Europas wird nicht berührt. Europa wird durch und durch idealisiert porträtiert. Direkt angesprochen werden drei Hauptepochen der europäischen Geschichte, die bis heute fast nur in Bezug auf langfristige Errungenschaften positiv zitiert werden: Die griechische Antike, der Humanismus (in den Michelangelos David per se gehört) und die Französische Revolution. Versteckt geht es offenkundig um die Erfolgsgeschichte der Demokratie seit ihrer normativen Formulierung in der griechischen Polis.
[19] Schon in der Frühen Neuzeit wurden als Alternative zu den weiblichen Allegorien auch männliche Figuren eingesetzt. Dass Leherb mit David eine männliche Figur wählt, zudem noch eine historische (und biblische), steht deshalb durchaus in der kunsthistorischen Tradition des Erdteilbildes. Im Alten Reich wurde mitunter beispielsweise die Figur des Kaisers oder sogar eines bestimmten Kaisers anstelle der weiblichen Europa gewählt.[8] Dass die Attribute Eigenschaften bezeichnen, die als typisch für Europa angenommen werden, steht ebenfalls in der Tradition. Hier ist es besonders die Wissenschaft, der Frieden, die Vollkommenheit, angedeutet ist Architektur. Nimmt man Wasser, Wolken und das angedeutete Gebirge als Chiffre von Natur und betrachtet, wie die Natur im Hintergrund des David, also des Menschen, des Europäers positioniert ist, kann auch die Botschaft der Naturbeherrschung durch den Europäer herausgelesen werden.
[20] Die drei Davidfiguren stehen zugleich für historische Entwicklung, das heißt für Europa als jenen Kontinent, der sich speziell durch Historizität auszeichnet. Haydn White hat diese Annahme, dass nur die europäische Zivilisation durch Historizität charakterisiert werde, wodurch sie sich von anderen unterscheide, vor rund 20 Jahren scharf kritisiert.[9]
[21] Tatsächlich spielt in den anderen fünf Erdteilbildern Leherb’s das Prinzip der Historizität als wesentlicher Bestandteil der Zivilisation nur eine untergeordnete Rolle. Im Bild der Arktis und Antarktis wird die Zeitlosigkeit zum Prinzip. Das Amerika-Bild fokussiert die Konsum- und Mediengesellschaft der USA der Gegenwart, lediglich ein altertümlicher Revolver scheint auf das 19. Jahrhundert und die Eroberung des Westens zu verweisen. Die Afroamerikanerin am rechten Rand im Vordergrund impliziert die Geschichte der Sklaverei und damit verbunden natürlich von Sklavenhandel, aber sie drückt sie nicht aus. Man muss nur die Perspektivmalerei im Europabild vergleichen, wo David von der Antike bis zur Französischen Revolution immer größer und präsenter, alles beherrschend wird. Die Tiefenperspektive stellt eine perfekte Metapher für „Geschichte“ dar – und für Historizität, weil David David bleibt, obwohl er sich entwickelt.
[22] Im Asienbild gibt es lediglich eine Andeutung von Geschichte mittels des steinernen Figurenreliefs unten im Bild. Australien besteht im Wesentlichen aus Natur, aber die drei Frauenfiguren implizieren Geschichte: Die nackte, wie in einem Käfig eingeschlossene, Figur vorne links bedeutet die Ureinwohner, die Stehende mit ausgestrecktem linken Arm bedeutet die Besiedlung des Kontinents durch deportierte Straftäter, die rechts Stehende bedeutet das moderne zeitgenössische Australien als Teil des Westens. Der Käfig mit der Figur der Ureinwohnerin deutet eine kritische Sicht auf die Kolonialisierung Australiens an. Afrika erscheint geschichtslos. Zwar stehen im Hintergrund Pyramiden, ein Verweis auf die ägyptische Zivilisation – die in den historischen Erdteilbildern meistens Asien zugerechnet wurde. Doch kann diese antike Zivilisation für Afrika stehen? Oder unterstreicht sie nicht eher dadurch, dass sie im Hintergrund evoziert wird, die vermeintliche Abwesenheit einer Zivilisationsgeschichte? Das Telefon ohne Anschluss suggeriert zumindest Abgeschnittenheit. Afrika wird, durchaus kritisch, als Kontinent der ökonomischen Ausbeutung dargestellt, andere Attribute evozieren den Hunger. Die Massai-Frau und der Nuba-Mann sind als stolze Menschen dargestellt, aber sie sind nackt wie die australische Ureinwohnerin. Das greift Traditionen in den Erdteilbildern seit der frühen Neuzeit auf. Die Bildaufteilung lässt sich auch so deuten, dass Afrika seinen Menschen enteignet wurde.
[23] Leherbs Blick ist folglich keineswegs unkritisch – er ist es in Bezug auf Europa, dessen Darstellung bei aller Originalität der Komposition letztlich durch und durch mit Klischees besetzt ist. Die Zuordnung von Nacktheit entspricht einem europäischen Klischee und muss daher als Ausdruck eines eurozentristischen Standpunkts gewertet werden: Was in Europa als „nackt“ gilt, hat in anderen Kulturen nicht unbedingt eben diese Bedeutung. Nacktheit ist immer relational zum kulturellen Kontext.
[24] Außerdem ist die globale Perspektive, die im 18. und 19. Jahrhundert für die Erdteilbilder und in der Historiografie zur Geschichte der Menschheit eingesetzt wurde, verloren. Das hat natürlich auch mit dem Raum zu tun. Wenn man diesen mit dem Würzburger Treppenhaus vergleicht, merkt man, wie sehr der Raum zur Zerstückelung der Perspektive beiträgt. In Würzburg hingegen begann der Aufstieg am Fuß der Festtreppe, man hatte zunächst Amerika im Blick. Auf dem ersten Absatz wendete man sich in die andere Richtung. Mit jeder Stufe mehr, die der Besucher erklomm, konnte er mehr von Europa, dem Höhepunkt des Gesamtwerkes sehen, zugleich aber linker und rechter Hand auch Afrika und Asien. Raum und Zeremoniell waren perfekt aufeinander bezogen, die Bilder fügten sich zusammen. In Wien hingegen wird der Besucher zur Fragmentierung seines Blicks auf die Welt gezwungen. Auch das stellt eine Botschaft dar: Es gibt keine Gesamtsicht auf die Welt, sie ist unmöglich.
[25] Zurück zu Europa und David. Michelangelo wurde mit dem David beauftragt, als sich Florenz immer wieder von Tyrannen wie Cesare Borgia bedroht sah. Überhaupt ist die Figur des David in der Florentiner Stadtgeschichte mit der Verfassung der Republik verbunden. Davids idealisierte Nacktheit steht für vielerlei Tugenden und abstrakt für den freien Menschen, der freilich in der europäischen Geschichte ein freier Mann war.
[26] In der Renaissance wurde David als historische Person begriffen, also ein Mann der Geschichte, ein großer Mann der Geschichte. Dieses Mannsein ist jedenfalls wörtlich zu nehmen. Leherb stützt sich infolge dessen auf den traditionellen Gendergap, der die Auffassung von der Geschichte Europas lange Zeit beherrschte. Und so illustriert sein Europabild meine bereits zitierte These „Eurocentrism is the being male of the civilisation named Europe“.
[27] Das lässt sich auch aus den anderen Erdteilbildern Leherb’s erschließen. Im Afrikabild erscheint der Nuba-Mann zwar dominierend, was aber mehr der dunklen Hautfarbe zu verdanken ist. Er sitzt, während die Massai-Frau neben ihm steht und ihm mitnichten untergeordnet wird. Die beiden stehen in einer Balance. Dessen ungeachtet fühlt man sich bei der Betrachtung des Nuba-Mannes an Leni Riefenstahls Fotoband über die Nuba erinnert, speziell an das Foto von Tukami, „einer der stärksten Ringkämpfer aus Tadoro“.[10] Riefenstahl machte zwischen 1962 und 1977 mehrere Foto-Expeditionen zu den Nuba, war aber nicht die einzige; auch der Fotograf George Rodger, den sie selber erwähnt, hatte die Nuba bereits 1949 fotografiert [11] – die Nuba waren ein Thema der Medien und die Fotobände Rodger’s wie Riefenstahl’s internationale Erfolge. Die Massai waren ebenfalls ein internationales Thema, seit dem späteren 19. Jahrhundert. Es ist anzunehmen – mehr als eine Annahme kann es im Moment nicht sein –, dass Maître Leherb hier genug Anregungen gefunden hat, ohne die ideologischen Hintergründe solcher Fotos im Detail zu untersuchen.
[28] Im Asienbild finden sich zwei Mönche in Mönchskutte, aber sie dominieren nicht; das Kind und die Frau sowie die Stupa befinden sich mit den Mönchen im Gleichgewicht. Europa fällt aus dem Rahmen – keine Balance der Geschlechter, nicht zu reden von einer möglichen queer-Perspektive, nur der nackte David, der, wie ich in einem Beitrag zur Wiener Ausstellung „Naked Men“ (2012) nachgewiesen habe [12], Teil der Inszenierung von Männlichkeit durch Nacktheit im öffentlichen Raum war.
[29] Maître Leherb verfestigt durch sein Europabild, wenn auch vermutlich unwissentlich oder zumindest unreflektiert, die Interpretation der europäischen Zivilisation als wesentlich männlich. Das „passte“ in gewissem Sinn zu einer Wirtschaftsuniversität, wo damals überwiegend Männer studierten, um später Manager oder Führungskräfte in der männlich dominierten Wirtschaft zu sein. Mittlerweile beträgt der Frauenanteil unter den Studenten ca. 48%.
[30] Michelangelo verwendete für seinen David Carrara-Marmor. Die Skulptur ist nach allgemeinem Ermessen den besten Werken der griechischen Bildhauer der Antike gleichzustellen. Oder sie übertrifft diese sogar. Leherb bringt in seiner Kurzbeschreibung die Skulptur des David mit dem antiken Griechenland in Verbindung, nicht aber mit dem Alten Testament und dem Raum Palästina. Er gibt dem Europabild einen wirksamen blauen Grundton, gleichwohl bleibt die Konnotation des Marmorweiß aufrecht. Die Farbe Weiß steht wie keine andere Farbe für die letztlich rassistischen Ausprägungen von Eurozentrismus. Sie wurde seit Winckelmann der griechischen Antike zugewiesen und mit dem Körperideal der antiken Bildhauer verbunden.[13] Bis heute hält sich dieses Fehlurteil hartnäckig. Die inzwischen nachgewiesene ursprüngliche Buntheit der Skulpturen wird zwar in Antikenmuseen dokumentiert, aber der Erfolg, ein im 18. Jahrhundert gefestigtes Klischee zu ändern, ist bisher bescheiden.
Dokumentation:
[1] Die wichtigsten Informationen finden sich in einer Broschüre von 1992: „Leherb. Die Universitätsfayencen.“ Wirtschaftsuniversität Wien 1992 (benutztes Exemplar: Österreichische Nationalbibliothek). Als Inhaltsredakteur wird Michael Fröschl, Außeninstitut der Wirtschaftsuniversität, genannt. Ungefähr die Hälfte der Broschüre entfällt auf einen Beitrag von Leherb selber, der den Titel trägt: „Versuch einer Werksinterpretation der »Universitäts-Fayencen«. Darin geht Leherb aber vorwiegend auf die Verfahrens- und Herstellungstechnik ein. Die Broschüre ist unpaginiert.
[2] <https://www.akbild.ac.at/Portal/organisation/aktuelles/vortraege-events/2013/akbild_event.2013-06-17.7410739335?set_language=de&cl=de>.
[3] Dokumentation der Zitate s. die Zeitschrift der Akademie der Bildenden Künste DERDIEDAS bildende, Themenheft „Kunst im Bau“ = N° 6/2018, S. 3-11.
[4] S. die Zeitschrift der Akademie der Bildenden Künste DERDIEDAS bildende, Themenheft „Kunst im Bau“ = N° 6/2018, S. 3-11.
[5] „Niemand will etwas verbieten. Die Bilder sind ja noch da“. Gespräch von Christa Benzer mit Christian Kravagna und Martina Taig. In: DERDIEDAS bildende, Akademiezeitung N°6/2018, Themenheft „Kunst im Bau“, S. 6-10, Zitat S. 10, Spalte links außen.
[6] Diese Erläuterung findet sich bei jedem Bild und ist der zitierten Broschüre entnommen.
[7] Dieser sowie die anderen unten zitierten Beschreibungen sind bei den Bildern ausgehängt und finden sich ebenso in der zitierten Broschüre.
[8] Genaueres bei: Schmale, Wolfgang (2018): La représentation de l’humanité. Les allégories peintes al fresco des «quatre parties du monde» au XVIIIe siècle. 175-185 Pages / Diciottesimo Secolo. Rivista della Società Italiana di Studi sul Secolo XVIII, Vol 3 (2018). DOI: 10.13128/ds-23071 . Und: Wolfgang Schmale: Europa – die männliche Form.
[9] White, Hayden (2001): The Discourse of Europe and the Search for a European Identity. In: Stråth, Bo (ed.): Europe and the Other and Europe as the Other. Brussels, 2nd ed., S. 67–86.
[10] Leni Riefenstahl, Die Nuba. Menschen wie von einem anderen Stern. München List 1973, Nachdruck 1995, Foto S. 57,
[11] George Rodger, Le village des Noubas, Paris: Delpire, c. 1955.
[12] Details bei Wolfgang Schmale: Nakedness and Masculine Identity. Negotiations in the Public Space. In: Tobias G. Natter and Elisabeth Leopold, eds., Nude Men from 1800 to the Present Day. Exhibition Catalogue, Vienna Leopold Museum. Munich: Hirmer 2012, S. 27-35.
[13] GREVE, Anna. Farbe – Macht – Körper: Kritische Weißseinsforschung in der europäischen Kunstgeschichte. New edition [online]. Karlsruhe: KIT Scientific Publishing, 2013 (generated 18 May 2016). Available on the Internet: <http://books.openedition.org/ksp/259>. Jockey, Philippe (2013): Le mythe de la Grèce blanche. Histoire d’un rêve occidental. Paris: Belin.
Empfohlene Zitierweise (die Absätze sind in eckigen Klammern für Zitationszwecke nummeriert):
Wolfgang Schmale: Maître Leherb: Kontinentbilder in der ehemaligen Wirtschaftsuniversität in Wien. In: Wolfgang Schmale: Blog „Mein Europa“, https://wolfgangschmale.eu/maitre-leherb/, Eintrag 03.08.2018 [Absatz Nr.].